Der U18-WM-Blog *

aus Piestany

* Der U18-WM-Blog schildert in losen Abständen Szenen und Begebenheiten rund um die U18-WM in Piestany und gibt Einblick in das „Innenleben“ des Teams

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9.4.2010, von Dani Monnin:

Man sieht sich immer zweimal …

Sieger haben es gut, sie können sich über Unzulänglichkeiten, Aufreger, Ungerechtigkeiten und anderes Ungemach problemlos hinwegsetzen. Sie haben gewonnen, sie haben es allen gezeigt. Das haben wir getan, als TEAM, denn wir sind die SIEGER.

Und dennoch, erlauben Sie es mir, bleiben ein paar negative Erinnerungsfetzen an die WM in Piestany, an den Triumph von Piestany, hängen.

Beispielsweise die Art und Weise, wie die slowakischen Organisatoren ihre Gäste behandelt haben, manchmal etwas gar nach dem Motto: „Wir haben hier das Sagen, ihr seid höchstens geduldet.“ Macht nichts, wir haben’s weggesteckt…

Oder der absolut respektlose Faux-Pas an der Siegerfeier, als die Nationalhymne für das Siegerteam bereits angespielt wurde, als die Schweizer Mannschaft noch beim Händeschütteln bei den Gegnerinnen war. Macht nicht’s, wir haben’s zur Kenntnis genommen und wir haben’s weggesteckt.

Oder auch die Wahl zur „besten Turnierspielerin“, zum MVP, die nicht etwa durch das (neutrale) Directorate mit den Vertretern aller Mannschaften, sondern durch das slowakische Organisationskomitee vorgenommen wurde. Nichts gegen Nicol Cupkova, sie ist mit Sicherheit eine der besten Spielerinnen des Turnieres gewesen, sie hat drei Spiele lang brilliert, sie hat immerhin neun Punkte gesammelt (die Hälfte weniger als Sara Benz), aber zwei Spiele lang (gegen die Schweiz und Österreich) hat man sie nicht gesehen und sie stand am Ursprung der slowakischen Niederlage in letzter Sekunde gegen Frankreich. Sie war es nämlich, die im Powerplay vor dem eigenen Tor den Puck verlor und Frankreich den Siegestreffer ermöglichte. Macht nicht’s, wir haben’s zur Kenntnis genommen und wir feiern den statistisch besten Torhüter (Sarah Küng), die vom Directorate gewählte beste Verteidigerin (Lara Stalder) und beste Stürmerin (Sara Benz).

Und wir kennen das Sprichwort: Man sieht sich immer zweimal …. In diesem Sinne: Es war schön in Piestany, wir haben’s genossen. Packen wir die nächste Aufgabe an!

 

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7.4.2010, von Dani Monnin:

Statistiken – das A und O?

Statistiken gehören zum Eishockey wie der Sand zum Meer. Die einen lieben sie, die andern lassen sie links liegen, die Mehrheit allerdings nimmt sie als „bare Münze“. Und wie überall, wo der Mensch etwas zu bewerten hat, gibt’s es wohl „Regeln“, nach denen bewertet wird (werden sollte), doch die „Regeln“ lassen Interpretations-Spielraum offen. So ist es nicht verwunderlich, dass die offiziellen IIHF-Statistiken nicht immer mit den internen Team-Statistiken übereinstimmen. Dies ist auch an der U18-WM in Piestany der Fall.

Die wichtigsten Unterschiede liegen in der Bewertung eines „Schusses aufs Tor“ respektive in der Frage, ob ein Bully nun gewonnen oder verloren wurde. Unterschiede gibt’s auch in der Plus/Minus-Statistik.

Werfen wir einen Blick auf die offiziellen Statistiken, die auf der IIHF-Website zu finden sind. Und freuen wir uns:

  • Die Topscorer-Liste wird von drei Schweizerinnen angeführt, zwei weitere finden wir in den Top 10. Auch in der Scorerliste liegen fünf Schweizerinnen in den Top 10 und die Spitzenposition gehört ebenfalls der Schweiz. Bei den Assists sind’s gleich sechs Schweizerinnen … auf den ersten sechs Plätzen.
  • In der Plus/Minus-Statistik finden wir in den Top 10 …. 10 Schweizerinnen!
  • In den Teamstatistiken führt die Schweiz die Ranglisten der „Scoring Efficiency“ und „Penalty-Killing“ an, in der Powerplay-Auswertung allerdings steht nur Platz 3 zu Buche.
  • Und die Strafen-Statistik zeigt – vor den letzten drei Spielen – ein äusserst erfreuliches Bild: Die Schweiz ist zurzeit das fairste Team!!

Am Ende der WM zählt allerdings nur eine Statistik – die RANGLISTE! Welches TEAM nämlich auf dem ersten Platz liegt und damit in den Kreis der besten acht Nationen aufsteigt!

 

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5.4.2010, von Dani Monnin:

Von Pflanzen und Pflänzchen …

Das Innenleben einer Mannschaft ist wie ein automatisch kontrolliertes Gewächshaus, in dem zarte Pflänzchen ebenso gedeihen wie währschafte Pflanzen. Stimmen die künstlich regulierte Temperatur, die Sonneneinstrahlung und die Luftfeuchtigkeit, so kann eigentlich nichts schief gehen. Fällt jedoch – beispielsweise aufgrund einer elektrischen Panne – die Temperatur ab und sichert kein Generator den Stromausfall, dann, ja dann geht’s den Pflänzchen an den Kragen. Die urchigen Pflanzen nehmen’s gelassen hin, die zarten Gewächse lassen den Kopf hängen …

Nein, sie sterben nicht ab, weil irgendwann der eilig herbeigerufene Elektriker die Kabel wieder zusammenschweisst, die richtigen Knöpfe auf dem Bedienfeld der Anlage drückt und das Ganze wieder ins Lot bringt. Aber sie leiden, die Pflänzchen, sie entfalten sich kaum, sie brauchen die Hilfe von aussen.

Übertragen auf eine Mannschaft sind mit den Pflanzen und Pflänzchen nicht nur und in erster Linie die Menschen gemeint, sondern die kleinen Dinge, die zum täglichen Leben gehören und normalerweise locker weggesteckt und wegdiskutiert werden. Erinnern Sie sich an die „Berta’s“ oder den „X-Factor“ (siehe Blog weiter unten)? Sie werden plötzlich wieder aktuell, sie nehmen plötzlich wieder an Bedeutung zu und beeinflussen das eigentlich stabil geglaubte Gleichgewicht. Dann ist Hilfe gefragt, wie im Gewächshaus, dann muss die unterbrochene Leitung geflickt werden, die Türe wieder verschlossen werden (und zwar mit einem Schloss), der Riegel vorgeschoben werden.

Die Frage ist nur: Wie schnell holt man sich Hilfe, wie schnell bestellt man den Elektriker, denn normalerweise kann der Handwerker ja nicht wissen, wann und wo der Strom ausgefallen ist. Er ist darauf angewiesen, dass man ihn alarmiert, um Hilfe ruft. Einmal vor Ort, geht er dem Übel an den Kragen und beseitigt es – professionell und dauerhaft.

 

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1.4.2010, von Dani Monnin:

X-Factor „hoch zwei“ …

X-Factor nennen wir Sachen, die nicht vorauszusehen sind, die wir nicht beeinflussen können. Sie sind es sich nicht Wert, Energien zu verschwenden. Entweder man stellt sich darauf ein, man lebt damit und nimmt sie einfach als gegeben hin oder man verirrt sich unnötigerweise in Irrungen und Wirrungen und verliert Energie, die man anderswo besser und gezielter einsetzen sollte.

Ein „X-Factor“ ist etwa der skurrile Spiel – und Trainingsplan: Viermal spielt die U18 um 12 Uhr mittags, einmal – gegen Gastgeber Slowakei - abends um 19.30 Uhr. Der Schweiz kommt auch die Ehre zu, jeweils zu nachtschlafener Stunde, morgens um 0645 oder 0715 Eis für ein „Training“ zugeteilt erhalten zu haben.

Ein „X-Factor“ war auch die Zuteilung der Garderoben. Nicht etwa eine der (halbwegs) renovierten Umkleiden – wie beim Site Visit bestätigt – sondern der uralte, hölzige Gefängniskasten am Ende des langen Kabinengangs war mit den Schildchen „Team Switzerland“ beschriftet.

Was also tun? Sich über die Eiszeiten am frühen Morgen aufregen oder schlicht und einfach ein ebenso gutes, wenn nicht besseres Alternativprogramm suchen. Darüber lamentieren, dass Besprochenes nicht eingehalten wurde und der Gastgeber den Schweizern die Ehre zukommen liess, gleich neben dem slowakischen Team die Gast-Garderobe des lokalen Klubs für eine Woche als „trautes Heim“ sein Eigen zu nennen?

Nein! Im Gegenteil, aus den 30minütigen „Eistrainings“ wurden lange vor der WM morgendliche Footings im Teamverband zum nahe gelegenen Stausee. Und die Garderobe wurde kurzum nach dem Motto „Holz ist heimelig“ in ein Ambiente im Stile einer Wohlfühloase verwandelt.

Und siehe da, es funktioniert, der „X-Factor“ ist weg – und das Unerwartete, Negative mutiert urplötzlich zu einem positiven Aspekt. So soll es doch sein, oder nicht? 

 

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31.3.2010, von Dani Monnin:

Berta’s Kampf (mit sich selber) …

Berta * (Name der Redaktion bekannt) ist neu im Team, eine von neun Rookies. Sie ist beachtlich begabt, sie weiss (meistens), was sie will, sie hat sich – wie eine ganze Reihe anderer Spielerinnen – in die Mannschaft „gearbeitet“, nimmt ihre Rolle an und füllt sie ohne Murren aus.

Als wir Berta kennen lernten, war sie ein fröhliches und aufgestelltes, technisch begabtes aber schrecklich zerstreutes und undiszipliniertes junges Girl. Heute, neun Monate später, ist sie immer noch fröhlich und aufgestellt, hat sich technisch weiterentwickelt und arbeitet diszipliniert – sie hat einen bedeutenden Schritt in ihrer Entwicklung zur (Team-)Spielerin hinter sich.

Berta ist ein Paradebeispiel für die Entwicklung des Teams – neun Monate Arbeit auf und vor allem auch neben dem Eis, hunderte von Theorieminuten, Team-, Block – und Einzelgespräche, haben ihr sanft aber bestimmt aufgezeigt, wo’s auf dem Weg zum Ziel lang geht. Was es heisst, sich auf eine Aufgabe (und nicht auf tausende zusammen) zu konzentrieren, was es heisst, Mitglied eines TEAMS zu sein, was es heisst, Vorgaben umzusetzen.

Ja, Berta ist ein fröhliches und aufgestelltes junges Mädchen. Sie kann jetzt den Fokus auf ein Ziel ausrichten. Sie hat gelernt, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren und Ausseneinflüsse an sich abprallen zu lassen.

Hat sie das wirklich? Ist sie heute, wenige Stunden vor dem Tag X voll fokussiert, ist sie bereit, voll aus sich herauszugehen, für das Team, für die Aufgabe? Ja, die Festplatte im Hirn ist richtig formattiert,  das innere Feuer ist gezündet, aber irgendwie fliessen plötzlich Gefühlsströme durch ihren Körper, die sie eigentlich in den letzten Monate immer mehr verdrängt hatte.

Ist es Nervosität? Angst? Fragen kommen auf: Kann ich das? Habe ich es richtig verstanden? Die Glückshormone kämpfen innerlich gegen die Selbstzweifel, nagen am Selbstvertrauen, Berta ist verunsichert. Und was tut sie in dieser Situation? Sie tut genau das, was alle Menschen tun: Sie versteckt und verstellt sich und zickt auch gerne mal wieder – sie ist für ein paar Momente, Stunden, Tage nicht mehr die „neue“ Berta, das fröhliche, aufgestellte, disziplinierte Mädchen, sondern plötzlich wieder das schrecklich zerstreute Girl von früher.

Die Frage ist: Kriegt sich Berta wieder ein, gewinnen die Glückshormone den Kampf gegen die Selbstzweifel, die Nervosität? Wir sind überzeugt: Ja! Berta wird wieder die Berta sein, die sich ins WM-Team gekämpft hat und wird ihren Teil zum Erfolg als TEAM beitragen! Sie wird (wieder) den Tunnelblick haben, sie wird sich sagen: Ich kann das, wir können das!

PS. Berta steht für alle 20 Vornamen der WM-Spielerinnen!

 

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30.3.2010, von Dani Monnin:

Der kleine, aber feine Unterschied …

St. Pölten, die Landeshauptstadt von Niederösterreich, liegt ein paar Kilometer abseits der Autobahn A1, rund 70 km vor den Toren der Kapitale Wien. 51'548 Einwohner bevölkern das Stadt- und Bezirksgebiet von 108,52 m2 Fläche. Damit liegt St. Pölten – bevölkerungsmässig gesehen – noch knapp in den Top 10 der grössten Städte Österreichs. Eine ganz normale Stadt also.

Nein, denn das Land Niederösterreich, zu vergleichen mit einem Schweizer Kanton, leistet sich in St. Pölten ein sportliches Anwesen, das sich sehen lassen darf: Die Niederösterreichische Landessportschule. Ein Sport-Komplex mit Stil, ein Kleinod, auch schon ein paar Jährchen alt, aber ein funktionelles Top-Angebot.

Die Eishalle ist nur ein Teil des ganzen Gebildes. Eine Mehrfach-Turnhalle auf mehreren Stöcken, ein Leichtathletik-Stadion mit Tartanbahn und „Innen-Fussballfeld“, ein Allwetter-Fussballplatz und zwei kleinere Trainingsplätze, ein Tennis-Center Court (allerdings nicht mehr „in Betrieb“) mit zwei Sand-Nebenplätzen, eine Tennishalle sowie ein Wohn-und Administrationstrakt (mit Blick aufs Fussballfeld und Leichtathletikstadion) sowie verschiedene weitere sportliche Einrichtungen runden das Ganze ab.

Als Gast – wie die Schweizer U18 – fühlt man sich in der Landessportschule wohl, äusserst wohl. Dafür wird gesorgt! Und sogar die renommierte „Kronen“-Zeitung berichtet in ihrer niederösterreichischen Ausgabe über die Eishalle der Landessportschule und damit gezwungenermassen auch über das bevorstehende Testspiel Österreich – Schweiz vom Mittwochabend …

„Drei Eismeister, keine Pausen, Arbeit fast rund um die Uhr - St. Pölten’s Eis glüht! Ab heute (Dienstag) trainiert das Schweizer U18-Damenteam, morgen (Mittwoch) kommt es zum Test gegen Österreich. Nur das Aufwärmen. Denn danach folgen die richtigen Stars: Kalt, Rotter, Pöck und Co bereiten sich unter Teamchef Bill Gilligan für die B-WM in Holland vor, verbringen fünf Tage in St. Pölten.“ Aha, jetzt wissen wir, wo die wahren Stars sitzen … im Männer-Eishockey! Das ist er eben, der kleine, aber feine Unterschied. Schade, dass der „Krone“-Kolumnist“ vergessen hat, zu erwähnen, dass sich auch das Schweizer und österreichische Damen-Nationalteam auf ihre WM vorbereiten.

Wir heissen eben nicht Gilligan und Co, sondern (leider) nur Benz, Müller, Lackner oder Lopez …. Macht nichts!

 

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29.3.2010, von Dani Monnin:

Auf los, geht’s los …

20 Spielerinnen und 8 Staff-Mitglieder reisen an die WM, nicht weniger als die Hälfte davon sind „Rookies“, „Greenhörner“ oder zu deutsch WM-Neulinge. Vielleicht aus diesem Grund hat der Staff der U18 die „Reise ins Ungewisse“ mit der grösstmöglichen Sorgfalt geplant, getreu einem der Mottos des Teams. „Plane, was du planen kannst“! Vorausschauen, vorausdenken, mögliche Szenarien durchspielen, besprechen, bestimmen, wieder verwerfen, neu diskutieren, neu festlegen.

Jetzt, am Tage der Abreise, notabene nur 36 Stunden nach dem Ende der Frauen-Meisterschaft, ist alles im Lot. Der WM-Ort im voraus besucht, das Hotel, die Eishalle und die Garderobe inspiziert. Das Konzept steht, die möglichen Anpassungen aufgrund von nicht beeinflussbaren Gegebenheiten sind besprochen, das Team vorbereitet, mit Bildern und Infos aus erster Hand.

Was kann da noch schief gehen? Tausend Sachen, Details, Dinge, die einfach passieren, Dinge, denen man machtlos gegenübersteht. In diesen Momenten wird Reaktionsfähigkeit gefragt sein, Improvisation, Anpassungsfähigkeit – so wie auf dem Eis auch, wenn der Coach während einem Spiel plötzlich die Blöcke umstellt. Und diese Fähigkeiten besitzt das Team, denken wir vom Staff.
So gesehen kann eigentlich – zumindest „neben dem Eis“ – nichts (mehr) schiefgehen. Oder nicht? In diesem Sinne: Auf los, geht’s los …  St. Pölten – wir kommen.

Ah ja: Vor der WM im slowakischen Piestany geht’s  in die WM-Vorbereitung in die Landessportschule Niederösterreich nach St. Pölten … Ein paar Tage Zeit für die „Rookies“ also, sich an den WM-Rhythmus zu gewöhnen. 

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