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Sunday, 14. April 2019 22:46

 

USA ist Weltmeister!

Die USA ist zum fünften Mal in Serie Weltmeister. Doch das bleibt wohl nur eine Randnotiz. In einem der zweifellos besten Frauenhockeyspielen aller Zeiten kommt es zu einer Serie von Aufschreimomenten und endet doch nicht mit einem Märchen. Oder doch?

Das Spiel hatte alles was man sich wünschen (oder eben nicht) konnte. Hier ein Underdog, welcher keiner war und das das Powerhouse welches seine Maschine gnadenlos durchs Spiel peitschte. Und doch war da immer die latente Gefahr, das David dem Goliath ein Bein stellen könnte. War das erste Drittel noch einseitig, so nahm das Geschehen im zweiten Drittel richtig Fahrt auf. Pankowskis Führungstor in der 36. Minute glich Tapani nach Konter nicht einmal 3 Minuten später wieder aus. Das Spiel stand wieder bei Null und das Haus Kopf.

Die nimmermüde Finninnen sperrten das Mitteleis und liessen den Amerikanerinnen keine guten Abschlüsse, was gegen Noora Räty ein aussichtsloses Unterfangen ist. Und das hielten sie auch im letzten Drittel noch durch. So kam, was eigentlich nicht vorstellbar war. Das Finale, das Spiel des Jahrzehnts ging in die Verlängerung.

In der Extrazeit war es mehrheitlich die USA, welche den Ton angab, trotzdem aber nicht zum Erfolg kam. Selbst eine Strafe gegen Hovi überstanden die Gastgeberinnen in Extremis, Knights Pfostenschuss liess die Herzen stehen, der Puck fand und fand einfach nichts ins Netz. Gerade in dieser Zeit zeigte sich Rätys ganzes antizipatives Können.

Und dann kam er, der Moment über welchen es noch lange zu reden geben wird. Was immer in der Luft lag und sich für den Goliath bewahrheitet. David stellt hm ein Bein. Oder besser, zwei Amerikanerinnen leisteten sich einen Turnover welcher drei Finninnen gegen nur noch zwei Stars and Stripes zum Konter nutzten. Jenni Hiirikoski, wer sonst, brachte die Scheibe auf's Tor von wo sie zur rechten Seite abprallte. Hiirikoski fiel und schob Goalie Rigsby zur Seite. Petra Nieminen erbte und schob ein. Die Halle explodierte, die Helme flogen und eine extatische Jubeltraube hüpfte auf und ab. Auf der finnischen Bank wurden bereits die Meisterkappen verteilt und alles, wirklich alles lag sich in den Armen.
Doch der geneigte Zuschauer MUSSTE sich fragen - zählt dieser Treffer?
Schon bald werden Bilder eingeblendet, wie Nicole Hertrich mit dem Videojugde spricht, ja sprechen muss. Das Studium geht lange, sehr lange. Die Finninnen bilden einen Kreis und halten sich in den Armen. Die Amerikanerinnen warten auf der Bank auf das Verdikt. Beide Captains beim Schiedsrichterkreis.
Unvorstellbar, unaushaltsam.
Dann die Entscheidung. Hertrich redet nicht mit dem Zeitnehmerpult, ein sicheres Zeichen - kein Tor. Und ja, zum Entsetzen der Halle, regeltechnisch aber wohl korrekt - KEIN Tor!
Alle Finninnen müssen ihre Ausrüstung ordnen und sich neu fokussieren. Die Amerikanerinnen pumpen sich gegenseitig nochmals zur Titelverteidigung. Der finnische Headcoach tobt und dann das: eine Amerikanerin, namentlich die Torfrau, wird mit einer Strafe für Beinstellen belegt.
Jetzt ist die Konfusion komplett und alle Welt fragt sich: wieso zählt dann das Tor nicht? oder wenn es nicht zählt, dann war es Behinderung der Torfrau und Strafe gegen Finnland? Aber kein Tor und Strafe gegen die USA, das wirft Fragen auf. Fragen, welche noch länger zu reden geben werden. Keine angenehme Situation für das Officiating.

Das Spiel startet wieder, weitere Herzstillstände später ist es Gewissheit. Das Penaltyschiessen muss entscheiden. Und tut es zu Ungunsten des Märchens, welches aber schon längst geschrieben ist. Karvinen und Savolainen verschiessen während Kessel und Pankowski (schön) treffen. Tuominen muss treffen um die Finninnen zurückzubringen. Und die routinierte Verteidigerin markiert tatsächlich den Anschlusstreffer! Eiskalt Hocheck. Wahnsinn hoch zwei. Der Jubel kann wohl seismografisch erfasst werden.
Carpenter scheitert an Räty und plötzlich ist die Möglichkeit da, das Spiel abermals auszugleichen. Nieminen läuft an und verlädt Rigsby - alle Hände in die Höhe - NEIN!!! Sie verliert die Scheibe und kann das leere Tor nicht einnetzen. Plötzlich wieder Herzstillstand auf der anderen Seite. Knight herself läuft an und versucht es Fivehole, scheitert aber an Räty.
Jetzt liegt alles an Tapani, welche treffen muss. Keine Ausreden. Ihr Trick - eigenartig, extravagant - misslingt, Rigsby hält und lässt die amerikanische Bank jubeln während die Finninnen in sich zusammensinken. Dieser Schmerz, diese Enttäuschung - sie ist nicht in Worte zu fassen. Hiirikoski, nach knapp 35 Minuten Eiszeit (!!!) völlig fertig zittert am ganzen Körper. Andere sitzen einfach da und lassen der Enttäuschung freien Lauf. Bilder mit einer unglaublichen Strahlkraft im Moment einer unfassbaren Enttäuschung. Niemanden lässt das kalt. 

Die Pokalübergabe gerät zur Nebensache. Alle stehen in Ehrfurcht vor dieser Leistung des finnischen Teams, welches gerade einen der grössten Sportmomente auf das Eis gezaubert hat.
Den USA sei der Titel gegönnt. Sie stellen das wohl konkurrenzlos beste Team. Jedoch hat Finnland gezeigt, was ein Lauf vor Heimpublikum bewirken kann. Sie haben dem Fraueneishockey in diesem Moment mehr gegeben als was die Turniermodi der letzten 12 Jahre zerstört haben. Sie haben - für mindestens einen Moment - den Gap zu Nordamerika überwunden und nur um Haaresbreite erstmalig einen Titel nach Europa geholt.

Der Wert dieses Moments in Espoo kann nicht hoch genug angesetzt werden. Hut ab Suomi! Weltmeisterinnen der Herzen. Ein Stück Sportgeschichte, Werbung für den Frauenteamsport wie er wohl noch nicht dagewesen ist. 

Derweil Kanada am Nachmittag keine Mühe hatte, die Bronzemedaille zu gewinnen um doch noch einen einigermassen versöhnlichen Abschluss zu erreichen. Beim 7:0 liessen sie Russland keine Chance und die müde Sbornaja musste manche Strafe nehmen um den Sturmlauf zu verhindern.

Es geht eine absolut historische WM zu Ende. Und sie wird noch zu reden geben. Aber allen Teams erstmal herzliche Gratulation für ein 10-Nationen Topevent. Es fehlen fast ein wenig die Superlativen für was der Sportwelt gerade widerfahren ist.

Auf 2020 in Halifax und Truro!

Alles im Überblick: Link.