Grosses Schlussinterview zu den olympischen Spielen mit dem Natistaff

vom 27. März 2010

Grosses Interview zu den Olympischen Spielen in Vancouver mit dem Staff der Nationalmannschaft

Die Welt wurde Zeuge von wunderbaren, von Enthusiasmus und Begeisterung geprägten Winterspielen. Tragische Momente standen im Wechselspiel mit Geschichten, wie sie nur olympische Spiele schreiben können.
Und mitten drin eroberte die Schweizer Frauen Eishockey Nationalmannschaft die Herzen der Kanadier! Frauennati.ch sass mit dem Staff der Nati zusammen um über die überwältigenden Eindrücke und das viele Erlebte zu sprechen. Lesen Sie das grosse Interview mit den Heimgekehrten.

René, Pipo, Dani und Michi – wow – wie geht es euch? Schon ausgeschlafen? Seid ihr schon zurück an der Arbeit?
René Kammerer, Head Coach (RK): „Ausgeschlafen? Bei mir ist noch immer diese Leere. Die Saison und dann die olympischen Spiele selber nahmen mich persönlich enorm in Anspruch. Leider kann ich nicht ein paar Tage oder gar mehr echte Ferien machen. Am Freitagmorgen in Kloten landen, am Montag um sechs Uhr fünfzehn am Arbeitsplatz sein. So sieht‘s aus. Und dann ist da noch eine Familie.“
Philipp „Pipo“ Steiner, Team Manager (PS): Zurück an der Arbeit? Ja schon längst! Mein Restguthaben im Geschäft an Ferientagen für dieses Jahr beläuft sich auf 12 Tage, da ist nicht daran zu denken noch Ferientage einzuziehen. Im Gegenteil ist es so, dass sich die Arbeit in den 4 Wochen welche ich im Geschäft nicht anwesend war nicht gerade von selbst aufgelöst hat und dementsprechend bin ich immer noch am Abarbeiten der Pendenzen. In meiner Funktion als Ass.Trainer in Reinach hatte ich auch noch die eine oder andere Aufgabe mit den Playoffspielen zu bewältigen, was entsprechend die Wochenenden „verkürzt“ hatte.
Daniel Hüni, Assistant Coach (DH) „Tja, anpassen schnell gemacht! Nach zwei Tagen habe ich im Ochsner Sport meine geliebte Filiale im Flughafen zur Übergabe vorbereiten dürfen. Nach nur 5 Tagen bereits, konnte ich meine neue Herausforderung in der Filiale Bülach antreten. Also, ankommen, abschliessen und ein Neuanfang… Ja ich bin zurück an der Arbeitsfront. Anders aber es „fegt“ weiter!“
Michael Fischer, Assistant Coach (MF): „Danke, es geht mir blendend ;) ! Angesichts dessen was ich erleben durfte geht s mir super. Wie meine Kollegen auch habe ich am 1. März um 6.30 Uhr wieder im Büro bei meinem Arbeitgeber begonnen. Erfreulich war, dass es mein Büro und meinen Pult noch gab. Angesichts permanenter Reorganisationen in meiner Firma keine Selbstverständlichkeit nach 4 Wochen (lacht).“

Ihr dürft auf 4 Wochen voller einmaliger Erlebnisse und Emotionen zurück blicken. Habt ihr das schon verdaut?
RK: „Ein erster Rückblick ist gemacht. Nach jedem Zusammenzug wird ein Bericht erstellt. Dieser sollte in der Regel zehn Tage nach einem Anlass erstellt und verteilt sein. Diese erste Analyse ist gemacht. Aber wirklich verdaut habe ich persönlich das noch lange nicht. Dieser Prozess beginnt erst, und dauert sehr lange. Es gab so viele Erlebnisse, so viele Emotionen. Diese Eindrücke werden wohl ein Leben lang bleiben. 
PS: Ich habe in der Nacht auf Sonntag damit angefangen. Da ich nicht schlafen konnte habe ich mich an den Computer gesetzt und eine DVD mit meinen Liveaufnahmen und Bildern aus der Eröffnungsfeier zusammengestellt. Diese bin ich gerade am Verteilen an alle Spielerinnen die im Vancouver Kader waren und den gesamten Staff als Dankeschön für ihren Einsatz, damit wir uns entsprechend nach aussen präsentieren konnten. Ansonsten ist eben ziemlich schnell der Alltag eingekehrt und da bleibt nicht viel Zeit um zurückzuschauen. Der „Verdauungsprozess“ wird wohl etwas länger andauern und immer wieder mal das Eine oder Andere vor dem geistigen Auge vorbeirauschen.

Welche Eindrücke kommen dir am meisten wieder in den Sinn?
DH: „Es kommt mir vor als wären wir nur in der Eisbahn gewesen. Alle meine Eindrücke drehen sich um diese einmalige Eishalle. Von meiner solo Ankunft, mit der fünfstündigen Stadtrundfahrt mit dem Trainermaterial. Auch unser nächtlicher Trip mit den Ausrüstungen nach dem Freundschaftsspiel, war es morgens um drei Uhr als wir freundlich in der Eishalle empfangen wurden. Die immer währende freundliche Unterstützung der freiwilligen Helfer in der Halle, sowie die unglaubliche Atmosphäre an unseren Spielen. Wow! Unsere Garderobe! Pur! Da war aber noch unser Chauffeur Dana, die Ruhe selbst und eine freundliche Ausstrahlung wie ein Sonnenschein. Aber ein Eindruck haut mich um und stellt alles in den Schatten: der Stolz der mich immer wieder durchströmte Trainer UNSERES TEAMS zu sein!“
MF: „Nun, zu aller erst, wie viel wärmer wir in Vancouver empfangen und behandelt wurden als das noch in Turin der Fall war. Ich muss immer wieder an Squamish denken, wo eine Sängerin unsere Hymne live und in Deutsch gesungen und mit Gitarre begleitet hat. Ich hatte Tränen in den Augen, so was habe ich noch nie erleben dürfen, live gesungen, und wir mussten nach Kanada für das! Oder eben, das spontane Ansprechen. Alle Menschen gingen vorbehaltlos aufeinander zu und redeten als wären sie schon immer Freunde gewesen. Und täglich kommen mehr Erinnerungen dazu die auf einmal wieder präsent sind. Wir dürfen auf ewig dankbar sein, was für ein Privileg wir im Februar hatten, Teil von dem allem zu sein. Einfach überwältigend, gross, so unendlich gross!“

Turin ist als Stichwort gefallen. Kann oder darf man Vergleiche ziehen?
RK: „Bedingt können Vergleiche gezogen werden. Beides waren olympische Spiele. Turin war für uns alle Neuland. Sportlich waren wir damals erst aus der Division eins aufgestiegen. Für Vancouver dachten wir in etwa zu wissen, was uns erwarten wird. Darauf haben wir trainiert. In diversen Bereichen. Sportlich, organisatorisch, mental, administrativ usw.
Turin und Vancouver waren schon zwei verschiedene paar Schuhe. Vor allem von der Atmosphäre, den involvierten Personen, deren Ausstrahlung und Engagement her. Zudem lief es uns sportlich besser in Kanada, auch wenn wir unseren Traum nicht erfüllen konnten.
MF: „Vergleichen ist menschlich und zu Vancouver muss man halt sagen dass wir im Mutterland des Eishockeys olympische Spiele erleben durften. Da kann man nur anerkennen, dass es wohl nie wieder etwas Höheres geben wird als das! Wir wurden eigentlich wie Könige behandelt. Den Hockeyteams schlug eine einmalige Begeisterung entgegen. Es war emotionell perfekt. Organisatorisch kann man gar nichts sagen. Die Busse fuhren kein einziges Mal falsch, die Sicherheitskontrollen waren so aufgestellt dass die Athletinnen und Athleten sich so gut als möglich in geordneten Abläufen wiederfinden konnten. Vancouver hat meine Erwartungen übertroffen, ganz klar.“

Pipo, wie hat es aus deiner Sicht organisatorisch geklappt? Nicht nur in Vancouver, auch die Tage zuvor in Winnipeg schon.
PS: Grundsätzlich gut bis sehr gut würde ich sagen. In Winnipeg hatten wir grosse Unterstützung von Janet McMahon und ihren Helfern von Sports Manitoba.
Angefangen hat es bei einem sehr herzlichen Empfang mit Kuhglocken und Blumen vom Schweizer Club aus Winnipeg. Das Einzige was etwas störend war ist die Geschichte um die Eishallen in welchen wir unsere Trainings und Spiele absolviert hatten. Einerseits mussten wir pro Fahrt ca. eine halbe Stunde vom Hotel zur Eishalle fahren, was sich bei zwei Eistrainings auf mindestens zwei Stunden Fahrt pro Tag auswirkt. Diese Zeit geht natürlich an der Regeneration und Freizeit der Spielerinnen ab, was nicht gerade optimal ist. Die Unterstützung vor Ort war aber hervorragend! In Vancouver war dann, ich sag mal einfach Olympische Spiele in einem Sport- und im speziellen Fall eishockeyverrückten Land!
Alles lief einfach perfekt und unsere Hosts waren Extraklasse!!
Also vom Wohnen im Dorf übers Essen zum Shuttle Betrieb mit dem Car, der Gegebenheiten in der Eishalle bis zum Besuch von anderen Wettkämpfen….
es war sehr gut organisiert und alle Helferinnen und Helfer waren sehr freundlich und hilfsbereit, das war ebenfalls eine sehr schöne Erfahrung! Dasselbe gilt für Swiss Olympic, welche auch jederzeit versucht haben alles zu machen, damit unsere Wünsche erfüllt werden konnten, Vielen Dank an ALLE Beteiligten!

Begonnen hat es ja wie gesagt nicht erst in Vancouver. Ihr wart zur Vorbereitung in Winnipeg. Erzählt mal!
RK: „Zunächst waren wir noch in Huttwil. Dieser Anlass war sehr wichtig. Wir durften die Olympia Ausrüstung fassen. Und – noch wichtiger – uns mental auf die kommende Zeit einstellen, Vorfreude teilen.
Winnipeg kannten wir noch von unserer tollen WM im Jahre 2007. Wir hatten viele gute Erinnerungen an diesen Ort. Die Tage dort waren sehr intensiv. Geprägt durch Eistrainings und Carfahrten. Ebenso absolvierten wir dort zwei Testspiele.
Die Leute vor Ort waren begeistert. Eine unglaubliche Herzlichkeit. Was möglich war, hat man für uns getan. 
DH: „Eine Story war da: wir verbrachten ja bereits ein erfolgreich WM in Winnipeg, also versuchten wir einen spontanen Rundgang durch die Katakomben der Manitoba Moose Halle zu bekommen um etwas in Erinnerungen zu schwelgen. Hat mehr als geklappt! Denn als die Gruppe durch das Gebäude geführt wurde, begab ich mich in das Office der Moose um möglicherweise doch noch eine einzelne Eiszeit zu bekommen. Wir waren ausserhalb der Stadt gebucht worden, da eigentlich kein Eis erhältlich sei. Die überraschte Eventmanagerin bat mich kurz zu warten, um einige Abklärungen zu treffen. Könne ja nicht sein dass wir kein Platz hätten. Nach Rücksprache mit dem Trainer der Moose, bestätigte sie mir; „sie dürfen den Rest Ihres Aufenthalt bei uns in der Halle trainieren.“ Mehr als erwartet, einmal mehr! Aber als sie dann auch noch unser ganzes Team für das nächste Spiel der Moose in eine VIP Lounge einlud, waren wir endgültig baff! Cool oder!?“ 
MF: „Ja, das war so eine Episode. Eine andere war sicher der Skate auf dem gefrorenen Red River. Bei ca. Minus 15 Grad liefen wir nach dem Training am Sonntag vom MTS zum Red River um dort ca. einen Kilometer auf dem Fluss zu skaten. Dort gab es einen total 15 Kilometer langen Trail auf dem gefrorenen Fluss. Der war so dick gefroren dass da sogar kleine Hütten aufgestellt waren sowie Fahrzeuge die Piste fräsen konnten. Dann die Busfahrt mit dem gekaperten Bus zurück ins Hotel wo wir an einem Wendeplatz ein Pärchen passierten das gerade beim Heiratsantrag war :) – ich nehme an sie hat sehr schnell ja gesagt damit sie nicht länger in der bitteren Kälte stehen musste hahaha.
Oder der Überraschungsdinner mit dem Schweizer Klub von Manitoba. Dort sang uns Alex Band über eine Skype Videoliveschaltung das Lied das uns schon seit 2004 begleitet. Gänsehaut! Ja wir haben viel gesehen und erlebt. Das füllt ein Buch.“

Sportlich habt ihr in Winnipeg zwei Spiele absolviert. Zuerst die Balmoral High School und dann die University of Manitoba. Das erste Spiel habt ihr glatt mit 9:0 gewonnen, 2 Tage später schaute nur noch ein 2:1-Zittersieg nach Penaltyschiessen dabei heraus. Was erklärt diese Schwankung?
RK: „Die Gegner, respektive der Level besagter Teams. Wie die Namen schon sagen, spielten wir erst gegen eine High School, resp. ein High School Selection Team. Dann gegen eine Universität, noch dazu eine sehr gute Universität. Wir wollten diesen Steigerungslauf haben. So konnten wir uns dem Level von internationalem Frauen Eishockey nähern. “

Gegen Ende eures Pre Camp sind dann noch die Herren in Winnipeg eingetroffen. Habt ihr mit Ihnen einen Anlass durchgeführt?
PS: Nein leider nicht, da war vermutlich die Zeit einfach auch zu kurz.
Wir hatten den Vorschlag unterbreitet und dieser ist grundsätzlich auch positiv angekommen aber realisieren konnten wir die Idee eines gemeinsamen Apéros oder so leider nicht.

Wie war es danach ins Flugzeug zu steigen im Wissen dass ihr nach der Landung mitten im olympischen Rummel sein würdet?
MF: „Nun, für meine Kollegen kann ich nicht reden, die gingen alle voraus schon. Ich blieb mit dem Team und flog dann nach Vancouver. Die Stimmung war ruhig, da alle mit den Gedanken beschäftigt waren. Was würde nun kommen? Wie würden die Eindrücke auf einem wirken? Etc. – Und dann sind wir durch die Wolkendecke gestossen und hinab getaucht zum Flughafen in Vancouver. Das war ein unbeschreibliches Gefühl zu wissen, dass du jetzt dann gleich im „Paradies“ landest wie ich es zu nennen pflegte. Der Empfang dann war überwältigend. Überall hatte es Helfer die einem den Weg wiesen und dafür schauten dass alles zügig voran ging. So viele Volontäre überall und alle packten an und halfen die knapp mehr als 3 Tonnen Gepäck das wir anschleppten in den Truck und den Bus zu kriegen. Gut, ich musste dann noch schauen dass alles Gepäck auch wirklich ans richtige Ort kam, aber das sind Kleinigkeiten auf die wir ein Auge hatten. Schliesslich waren wir ja nicht zum ersten Mal an so einem Anlass. Das tönt wieder…“
DH: „Mit dem Abflug stieg meine Konzentration, in meinem Kopf drehte sich alles darum, wie wir das Material bestmöglich verteilen. In Vancouver angekommen teilten meine Kollegen und ich uns auf. Sie fuhren zum Olympischen Dorf, während ich mit dem Rest der Ausrüstung „kurz“ noch in die Eishalle wollte. Falscher Plan! Denn ich wurde rund fünf Stunden durch die Rushhour in Vancouver kutschiert, von Sicherheitskontrolle zu Sicherheitskontrolle. Um am Ende gar nach dem Team im Olympischen Dorf einzutreffen. Der erste Tag und schon „geloost“. Aber auch in aller Hektik waren alle Funktionäre freundlich und gelassen.“

Am nächsten Tag seid ihr nach Squamish hochgefahren, etwa auf halber Strecke nach Whistler. Dort habt ihr gegen Russland das letzte Spiel in der Vorbereitung gespielt. Das war wiederum ein aussergewöhnlicher Tag. Erzähl davon, René
RK: „Wir wollten noch einmal weg gehen vom grossen Rummel in Vancouver. Uns an einem schönen Flecken darauf besinnen, woher wir kommen, und wozu wir in Vancouver sind. Individuell gedanklich mit der Situation befassen. Dafür sind wir etwas früher losgefahren. Kurz vor Squamish haben wir an einem Wasserfall einen Stopp eingelegt, um uns Zeit für diese Reflexionen zu nehmen. Das Spiel gegen Russland hielt was es versprach. Spannung und hohe Intensität. Wir verloren in der Overtime, wussten aber, dass nicht viel fehlte. Nach dem Spiel durften/mussten die Spielerinnen zu einer öffentlichen Autogrammstunde. Die Leute in Squamish warteten dafür über vierzig Minuten nach Spielschluss (wir verpflegten zuerst), und standen dann noch Schlange, um Unterschriften der Spielerinnen zu bekommen. Ich habe mich bei dieser Menschenmenge dafür entschuldigt, dass sie warten mussten, habe um ihr Verständnis für die Athletinnen geben. Die Leute haben applaudiert, und dann gewartet! Das war Olympia, das war Kanada."

Wow, was für eine Story! Wohl ein einmaliges Erlebnis für eine Schweizer Hockeyspielerin! Dann aber seid ihr in den Endanflug gegangen. Schliesslich stand ja die Eröffnungsfeier kurz bevor und am nächsten Tag gleich das erste und sehr wichtige Spiel gegen Schweden. Erzähl und von deiner ersten Eröffnungsfeier, Pipo!
PS: "Tja wo soll ich anfangen….
Der erste Wirbel um die Eröffnungsfeier ging eigentlich schon Tage zuvor los. Grundsätzlich ist es so, dass Swiss Olympic anhand der Anzahl Athletinnen und Athleten Tickets für die Eröffnungsfeier bekam. Wenn nun also ein Athlet nicht zur Eröffnungsfeier geht hat es entsprechend einen freien Platz für eine oder einen Offiziellen.
Am Anfang sah es so aus, dass niemand von unserem Staff gehen könne, diese Angaben haben sich aber je näher die Eröffnungsfeier kam immer in kürzeren Abständen verändert. Irgendwann hat es geheissen, dass wir einen oder zwei Plätze bekommen, dann wieder nein doch drei und die Schwierigkeit für mich war, dass ich kurz vor dem Abmarsch im Dorf noch am Directorates Meeting im Eishockeystadion gerade neben dem Stadion der Eröffnungsfeier war. Schlussendlich musste ich entscheiden, wer von unserem 8-Köpfigen Staff gehen darf und wer nicht!
Dieser Entscheid ist mir nicht leicht gefallen, das kann ich Dir sagen!! Schlussendlich war dann aber die Reihenfolge klar. In Turin waren alle des Staffs dabei und somit habe ich mich dafür entschieden, dass diejenigen zuerst gehen, welche dort noch nicht dabei waren, damit alle einmal so etwas erleben durften. Die Eröffnungsfeier war gigantisch! Zuerst wurden wir in das Hockeystadion gebracht wo wir auf Warteposition waren und über den Videowürfel bestens unterhalten wurden. Dann kam das Signal uns bereitzuhalten zum Abmarsch, woraufhin es nochmals eine Ewigkeit ging, bis wir dann endlich einmarschierten und es war phänomenal, was wir da erleben durften! Wie eingangs erwähnt habe ich die Aufnahmen welche ich gemacht hatte als Dankes Video für das Team verwendet.
Im wissen, dass wir am Folgetag das Eröffnungsspiel gegen Schweden bestreiten werden, haben wir entschieden die Feier mit dem Team um 19:45 Uhr zu verlassen, um uns seriös auf die sportliche Aufgabe vorzubereiten. Was mich extrem gefreut hat und auch Stolz aufs Team macht ist die Tatsache, dass keine einzige der Spielerinnen gejammert oder „gestürmt“ hatte, sondern einfach akzeptiert und umgesetzt haben! Somit haben wir gerade mal ca. 20 Minuten live miterlebt und dann die Eröffnungsfeier wieder verlassen.
An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an Housi, Beat, Dani und Michi, welche über die Klippe springen mussten und nicht live dabei sein konnten, für ihr Verständnis!!!"

Das war eine grosse Tat des Teams. Sie waren wirklich bereit den Preis zu bezahlen. Trotzdem hat es am anderen Tag nicht gereicht. Ihr habt gegen Schweden mit 0:3 verloren. Analysiere für uns nochmals das Spiel, René. Woran hat es deiner Meinung nach gelegen?
RK: „Wir sind als Aussenseiter in das Spiel gegangen. Wir wussten, dass alles passen musste und weiter passen muss, um Nationen in der Top Division zu bezwingen. An diesem Abend hat leider nicht ganz alles gepasst. Da sind so viele Gedanken im Moment, die erst geordnet werden müssen. Wir hatten auch unsere Chancen, sehr gute Chancen sogar. In solchen Spielen hast du diese nicht im Multipack. Dann haben wir den einen oder anderen kleinen Schnitzer gehabt. Das wird ausgenützt. Irgendwann musst du hinten etwas öffnen, was dich anfällig macht. Eben, es sind noch viele Gedanken im Kopf dazu, die genauere technische und taktische Analyse erfolgt nun erst. Wir dürfen aber auch sagen, dass wir uns gut geschlagen haben. Gegen das rund achtfache an finanziellen Mitteln. Wenn wir das alles berücksichtigen, dürfen wir unserem Team ein Kränzchen winden! Sie konnten das Feld erhobenen Hauptes verlassen, leicht haben wir es den Schweden nicht gemacht. Nur kaufen konnten wir uns davon nichts, wir alle waren enttäuscht. “

Wie seid ihr mit der sicherlich nicht zu verbergenden Enttäuschung umgegangen. Immerhin konnte man bereits annehmen, dass es nichts werden würde mit Medaillenspielen.
MF: „Olympische Spiele sind in der Beziehung ziemlich hart. Da du das Team nach dem Spiel praktisch nie komplett zusammen hast (Pressetermine, Dopingkontrollen, Goaliemasscheck etc etc)kannst du auch nicht ein Teammeeting mit allen machen. So holst du die Stimmung ab wie und wo du kannst. Mit Einzelnen, mit Gruppen. Und du musst dich bald wieder fassen können, das ist wichtig. Das Ziel nicht aus den Augen verlieren. So haben wir in Gruppen oder individuell begonnen zu verarbeiten. Ich weiss dass es für alle hart war, aber wir haben uns am anderen Tag zusammengesetzt und mit der ganzen Delegation darüber gesprochen. Nicht so sehr auf was hätte sein können sondern darauf was sein wird. Dieser Fokus war wichtig. Denn die Aufgabe wurde ja nicht leichter. Wir mussten immerhin gegen Kanada ran…“

Und dann kam Kanada. Im Anschluss hast du ein Poster vom Spiel gemacht, Dani. Erzähl uns vom Spiel und von diesem ominösen Poster!
DH: „So war es! Da wir ja gegen Schweden, kein Tor erzielt hatten, und in unserem letzten Vorbereitungsspiel gegen die Bisons auch erst im Penaltyschiessen erfolgreich waren, kam dieses geschichtsträchtige, erste Tor ever gegen Kanada zum richtigen Zeitpunkt. Ein fotografiertes Fernsehbild unseres Tores musste hinhalten für unser Motivationsposter. „yes, we can score!“ Bei einem Morgenspaziergang auf der Suche nach einem „richtigen Kaffee“ fand ich ein Printer Atelier das auf Riesenposter spezialisiert sind. Der Link für die Posterstory war schnell gemacht!“

Habe ich richtig gehört? Das erste Tor überhaupt gegen Kanada an einem grossen Turnier? Ich nehme an, da habt ihr euch deshalb so extensiv gefreut (lacht)?
MF: „Jaja, ich weiss was kommt. Ja, ich habe mich ausgelassen gefreut und dabei nicht nur Freunde gefunden im Publikum. Ich habe das Feedback dazu bekommen. Aber noch einmal, es war historischer Moment, eine Geschichte für sich an den Spielen. Das verdient unseren Respekt!“

Trotzdem ging das Spiel mit 1:10 verloren. War das nicht hart?
RK: „Wer verliert schon gern? Und dann noch zweistellig. Am ärgerlichsten dabei waren unsere zwei, drei Hänger im Spiel. Im letzten Drittel bedeutete das gleich vier Gegentore. Diese Phasen taten weh. Wir dürfen mit Stolz sagen, dass wir immer wieder aufgestanden sind, auch wenn wir angeschlagen in den Seilen hingen. Das war schon eindrücklich. Ein weiterer Wermutstropfen war, dass wir nicht wie geplant mit allen Spielerinnen durchspielen konnten. Dies hat weniger mit den Spielerinnen zu tun, als dem Spiel, dem Rhythmus usw. Es ist zu erwähnen, dass die Canucks im Spiel gegen Schweden nach Hälfte der Spielzeit bereits mit zwölf (12!) zu null Toren führten. Das sagt alles über die Stärke des kanadischen Teams. Da geht die Post ab! Gegen uns haben sie den Motor nie gedrosselt, wie sie das dann gegen die Schweden taten. Sie Slowakinnen wurden mit achtzehn zu null Treffern abgewatscht. Wir haben uns über weite Strecken des Spieles sehr gut und teuer verkauft! Aber nochmals, wer verliert schon gerne...es war hart, und ich hasse das!"

Und dann kam ein kapitaler Match gegen die Slowakei. Ich denke, beide Teams wollten einen Sieg zum Abschluss der Vorrunde und eine gute Ausgangslage fürs Kreuzspiel?
RK: „Ein Spiel indem die Schweiz alles zu verlieren hatte, die Slowakei alles zu gewinnen. Es war ein hartes Stück. Ein erarbeiteter Sieg. Sicherlich keine Galavorstellung von uns. Nur - und das unterstreicht die Qualitäten, die Fortschritte, die erzielt wurden - vor zwei oder drei Jahren hätten wir wahrscheinlich so ein Spiel verloren. Heute werden solche Spiele hingebogen. Das ist das was zählt, was am Ende auf der Anzeigetafel steht. Manchmal musst du dafür auch etwas Geschirr zerschlagen. Sonderlich stolz waren wir nicht, aber wir hatten die drei Punkte. Das zählte." 

Grossartig. Danach habt ihr dem Team sicher frei gegeben, oder?
PS: "Ja haben wir. Es war ein Geknorze wie es René bereits erwähnt hatte und ich habe dem Team vor dem Abendessen ziemlich deutlich gesagt, dass wir noch zwei weitere Spiele zu absolvieren haben und nur dann bestehen werden, wenn wir uns voll auf die Aufgabe fokussieren und als TEAM funktionieren! Damit eben genau dieser Fokus wieder geholt werden konnte  war es wichtig, dass die Spielerinnen sich einmal zurückziehen konnten. Abstand nach doch schon langer Zeit weg von zu Hause und immer im „Spielbetrieb“ sozusagen im Profimodus. Dies sind wir uns einfach auch nicht gewohnt und es war an der Zeit körperlich, wie auch mental frische Kräfte zu tanken und sich den Tag selbst zu gestalten. Jede hatte so die Möglichkeit dies zu tun was sie für sich brauchte um für die kommenden Aufgaben bereit zu sein."

Und ihr, habt ihr frei gemacht?
MF: „wir Coaches hatten natürlich die Gegner zu beobachten und Spiele zu analysieren. Wir hatten damit aber auch keine Probleme, wir waren ja schliesslich da um einen Job zu machen und nicht um zu feiern. Aber auch wir hatten ein paar Momente frei am Tag darauf. Am Abend gingen wir dann Russland – China schauen.“

Am Schluss des dramatischen Spiels stand fest dass ihr gegen China antreten musstet. Ein spezielles Spiel, wenn man zurückdenkt an Hämeenlinna aber auch an Peking im November 2004. Zudem hatte China einen neuen Coach verpflichtet. Wie seid ihr in das Spiel gegangen das ihr fast perfekt gespielt habt? Wie kam es zu der „Überlegenheit“?
RK: „Wir haben sehr viel Zeit in die Auswertung des Slowakei Spieles investiert. Eben so viel in die Vorbereitung des kapitalen China Matches. Uns gelang die Umsetzung des Gameplanes nahezu perfekt. Das war gerade zu Beginn schwierig, weil es auch unseren Rhythmus etwas brach. Aber es lohnte sich! Gegen eine solche Profitruppe ein schwieriges Unterfangen. Dem Team gehört ein dickes Lob dafür. Zu erwähnen ist noch die Aussage der Scouts nach dem Spiel, die meinten „ein taktischer Sieg der Schweiz“ Der Aufwand hatte sich bezahlt gemacht. Wir waren besser an diesem Tag. Für mich persönlich war das einer der schöneren Siege der letzen Jahre."

Im anderen Spiel hatte Russland mehr Mühe, gewann dann aber doch sicher gegen die Slowakei. Wie habt ihr euer Team nach über 3 Wochen zusammen in Kanada noch auf diese finale Partie getrimmt?
MF: „3 Wochen gehen nicht spurlos an einem vorbei. Aber das Team hatte gelernt, dass es bis zum Schluss ein sportliches Turnier zu spielen hatte und vor allem den Platz in der Weltrangliste zu verteidigen. Die Ausgangslage diesbezüglich war klar. Der Gewinner würde auf dem 5. Platz ins 2010 starten. Wir lasen die Stimmung im Team und entschlossen uns, am Tag zwischen den Spielen ein lockeres Funtraining zu machen. Nicht verkrampfen, nicht in ein Loch fallen wenn es nicht laufen würde. Also liessen wir sie einfach eine Stunde in verschiedenen Spielformen übers Eis rennen. Es war ein Poker, aber er ging auf. Ich denke das können wir der Erfahrung zuschreiben.“

Also, wie lief dieses Spiel, wie habt ihr das erlebt?
RK: „Wie schon erwähnt ist aktuell bei mir alles ein wenig verworren, es braucht Zeit, dies zu ordnen. Eventuell müsste ich einmal einen Tag lang drauflos plaudern können J nur, wer hört schon zu?
Auch bei den Russinnen wussten wir worauf es ankommt, wo die Stärken und Schwächen lagen. Wir spielten bereits zum dritten Mal in dieser Saison gegen sie. Beide Teams agierten etwas nachlässig. Müdigkeit, Druck und der Einfluss von Olympia. Dadurch war es eine sehr spannende, weil ausgeglichene Angelegenheit. Den Gegentreffer mussten wir in Unterzahl hinnehmen, den Ausgleich erfolgte in einem Powerplay. Was einmal mehr zeigt, wie wichtig diese Situationen sind. Die zehn Minuten Overtime mit dem vier gegen vier Spiel sind happig. Beidseitig kam es zu Ausfällen verletzungsbedingt, weil die Kraft fehlte, kontrollierte Bewegungen durchzuführen. Auch die Overtime brachte keinen Sieger, obschon beidseitig Chancen da waren. Wir wollten diesen Sieg, wir wollten den fünften Weltranglistenplatz unbedingt behalten! Dies ist enorm wichtig für die kommenden Jahre!"

Und dann kam dein Schützling gross zum Zug, Dani, Es ging ins Penaltyschiessen. Was ging in dir vor, der ja hinter der Bank im Gang vor dem Fernseher stand. Wie ist es aus deiner Sicht gelaufen?
DH: „Ein harter Tag! Wir hatten ja bekantlich drei Torhüterinnen in unserem Team. Alle Goalies haben die Klasse zu spielen und haben immer vollen Einsatz gegeben. Sophie musste immer von der Tribüne aus zusehen. Darum habe ich mich entschlossen sie im letzten Drittel des letzten Spiels an meiner Stelle an die Bande zu lassen, da nur sechs Personen an der Bande zugelassen sind. So musste ich mich im Gang zu den Katakomben aufhalten. Ich habe mir natürlich nicht vorstellen können, wie hart das für mich werden würde! Das ganze Drittel tigerte ich hin und her, gestikulierte wild oder rief Anweisungen an die Bande. „Meine Nerven!“ So war ich froh, zum Penaltyschiessen an die Bande zurück zu dürfen. Ich war mir allerdings sicher, dass Flo uns im Spiel halten würde. Glücklicherweise sorgten dann aber Nico und Steffi für eine schnelle Entscheidung. Unsere Goalies Florence, Dominique und Sophie haben ihre Klasse über das ganze Turnier als Team bewiesen! Chapeau!“

Bravo! Ich nehme an, ihr habt dem Team dann auch einen Tag frei gegeben (lacht)? Was hast du im Speziellen unternommen, Pipo?
PS: "Ja klar hatten dann grundsätzlich alle frei und konnten endlich auch mal richtig loslassen und den Druck der letzten Tage ablassen und sich noch ein wenig als Touristen verhalten. Ich selbst bin kurz mit René und Michi in die Stadt gefahren und wir haben uns noch mit Souvenirs eingedeckt, wobei wir in einem Vancouver Souvenir Mega Store waren. Zum Glück hatte es spezielle Eingänge für Sportler und Offizielle! Wir wurden gleich rein in den Laden gelotst wo draussen unvorstellbare Mengen von Menschen angestanden sind um rein zu kommen!! Ich habe dann im Laden drin jemanden gefragt, wie lange er denn angestanden sei um rein zu kommen…über drei Stunden war die Antwort!! Nur schon dies zeigt, wie verrückt diese Kanadier sind wenn’s um Sport geht. Wir wurden auch oft angesprochen und haben natürlich gerne diverse Wünsche nach Autogrammen und Fotos mit uns erfüllt. Der Rest des Tages war mit Packen prächtig ausgefüllt ;-)
Am Abend dann haben wir uns alle wieder getroffen und sind zusammen am Hafen in ein schönes Restaurant gefahren. Dort haben wir mal Abseits des Rummels ein wunderbares Abendessen genossen und ein wenig gefeiert. Anschliessend ging es ins House of Switzerland, wo wir den Abend ausklingen liessen."

Ihr seid dann nach Hause geflogen, als die Medaillen ausgespielt wurden. Wie war die Heimkehr im Wissen, dass man vielleicht noch hätte spielen können?
RK: „Da kann ich nur für mich sprechen. Gemischte Gefühle. Auf der einen Seite freute ich mich, meine Angehörigen, meine Familie endlich wieder zu sehen. Die Wochen in Kanada, aber auch die Wochen davor waren wie schon erwähnt extrem kräfteraubend. Klar, etwas Enttäuschung war da. Natürlich auch, weil diese olympischen Spiele schon wieder Vergangenheit sind. Wir waren sehr nahe dran an einer Sensation. Es lässt sich hinterher nicht mehr ändern. Nach vorne blicken. Da sind auch Gedanken, ob man alles richtig gemacht hat. Was hätte besser laufen können, welche Entscheidungen oder/und Verhaltenen (immer auf mich bezogen) waren gut, welches weniger. Dieser Prozess beginnt auf der Rückreise, im Turnier galt die volle Konzentration der nächsten Aufgabe. Er ist noch in vollem Gange.“
MF: „es war sicher hart, aber die Bedingungen waren uns bekannt. Und es steigert in einem drin das Verlangen nur noch mehr, dass man eines Tages dabei sein will, wenn die Medaillen ausgespielt werden. Diese Gefühl kennen wir schon, konnten aber nicht reüssieren. Dieses Team wird das eines Tages nachholen, davon bin ich überzeugt!“

Schauen wir also auf dieses Turnier im Ganzen zurück. Zufrieden?
RK: „Unter dem Strich müssen wir realistisch und ehrlich sein. Wir fahren mit einem Formel Zwei Programm in der Formel Eins mit. Wenn unsere Möglichkeiten mit denen der Konkurrenz verglichen werden. Ja, es gab keine erträumte Medaille, noch nicht einmal die Medaillenrunde. Allerdings sind wir - wieder - in die Weltspitze vorgestossen! Wir haben Rang fünf in der Weltrangliste erfolgreich verteidigt, auf der ganz grossen Bühne. Dies ist entscheidend für die Zukunft! Mit einen Staff aus Amateuren, die ihre Freizeit opfern, das ganze als Hobby betreiben. (Unsere medizinische Abteilung klammerer ich hierbei aus) Mit dem jüngsten Team (ø 22 Jahre) des Turniers. Mit Spielerinnen, die ebenso ihr Leben darauf ausrichten, auf vieles verzichten, ihre Freizeit und Ferien geben. Ganz im Gegensatz zur Konkurrenz. Unter diesen Voraussetzungen gegen die Formel eins Programme anderer Nationen diesen Rang zu erreichen - und zu halten - ist beachtlich.
Ein weiterer Aspekt, der sich bestätigt hat. Die Vorbereitung betreibst du im Aquarium, oder um beim Rennsport zu bleiben auf der Teststrecke. Da bist du alleine, da werden dir wohl einige Hindernisse eingebaut. Im grossen Ganzen ist alles schön kontrolliert und relativ sicher, du bist in einer geschützten Zone Der Wettkampf allerdings, der findet im Haifischbecken statt. Da sind Gegner, da sind Zuschauer, da ist Stress, da ist Druck – von aussen, von innen, unbewusst usw, sprich Haifische. Plötzlich ist die Zone nicht mehr geschützt. Das setzt Mechanismen frei, die erst gehandelt werden müssen. Die können bezogen auf einer einzigen Person, auf das gesamte Team oder einzelne Gruppen sein. Über drei Wochen im Haifischbecken - der Wettkampfstrecke - das fordert seinen Tribut.
Wenn wir diese Faktoren einbeziehen, dann dürfen wir mehr als zufrieden sein! Es war sicher nicht immer alles perfekt, es hat auch schon mal gerumpelt. Auch diese Erfahrungen sind nötig, helfen uns weiter. Unter dem dicken Strich, als Antwort auf die Frage Ja, wir dürfen zufrieden und stolz sein!"

Du hast das Durchschnittsalter der Schweiz genannt. Der Selektionsprozess ging nicht völlig geräuschlos von statten
RK: Eine Weltmeisterschaft findet jedes Jahr statt. Olympische Spiele hingegen nur alle vier. Die Bedeutung dadurch um einiges höher. Wir sind mit knapp vierzig Spielerinnen/Torhüterinnen in den Selektionsprozess gegangen. Alle wussten von Anbeginn, dass am Ende nur knapp die Hälfte im Team sein würde. Pro selektierte Spielerin ist also auch eine Person die einen Grund hat, enttäuscht, wütend oder frustriert zu ist. Sie alle haben es versucht, haben alles gegeben. Auf dem Weg bis zum endgültigen Kader gab es harte Entscheidungen, die weh taten, und immer noch schmerzen. Bei den meisten Beteiligten. Dies war und ist von Anfang an klar. Wer dabei ist im Nationalprogramm sagt ja zu dieser Situation, sagt ja zur Möglichkeit, an dieser Hürde hängen zu bleiben.
Das Entscheide der Coaches hinterfragt werden, liegt in der Natur der Sache. Wir mussten dass Kader definieren, dies haben wir getan. Dazu stehen wir, ich habe dies am Ende zu verantworten. Ich denke, die Resultate sprechen für sich."
DH: „Die Richtigen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich bin stolz auf jede Einzelne!“
MF: "Dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen." 

Wie ist das Turnier als Ganzes einzustufen. Die Resultate waren zum Teil ja fast beschämend. Wird das Konsequenzen haben auf olympischem Eis?
MF: „Das Turnier habe ich als Bestes in der Geschichte des Fraueneishockey angekündigt. Und ich denke, das haben wir gesehen. Wieso? Nicht nur dass es kein Vergleich mehr war mit Turin, nein, Frauenhockey ist nochmals entscheidend schneller geworden. Physisch geht es ganz schön zur Sache, auch ohne Checks. Da spielen zum Teil Spielerinnen ennet der 1.80 Meter. 6 Teams die unter professionellen Bedingungen trainierten, Millionen in olympische Spiele investierten. Die Partien waren alle auf hohem Niveau wenn auch zT lächerlich einseitig. Aber das zeigt wo die Entwicklung hingeht. Von dem her war es natürlich unglücklich dass das Turnier damit begann dass ein Exploit ausblieb (Schweiz) und eine Mannschaft total zerzaust wurde (Slowakei). Dieses Spiel hätte gut und gerne auch 25:0 ausgehen können. Hätten die Kanadierinnen nicht manchmal durchblitzen lassen dass ein Eintrag in der Skorerwertung wichtiger war als ein Pass auf eine freie Mitspielerin, so wäre das Skore auf über 20 gegangen. Das Publikum freute sich natürlich, Jaques Rogge natürlich nicht. Wenn wir es nicht schaffen, irgendwie sportlich an die Nordamerikanerinnen heran zu kommen werden wir den Gegnern im IOC Nahrung liefern. Budgettechnisch wird das kaum möglich sein. Hat doch Kanada zB 3,5 Mio. $ in die Goldmedaille gesteckt. In nur 6 Monaten…
Tragisch ist auch, dass die beiden Skandinavier nicht den Hauch einer Chance hatten, sie wiederum aber relativ sicher in die Halbfinals kamen. Weder Russland noch China, beides Vollprofiteams konnte Finnland gefährden. Die Schweiz und die Slowakei bissen sich an den überraschend enttäuschenden Schwedinnen die Zähne aus. Alles in allem kam es in etwa so wie die Weltrangliste ausschaute davor. Und das zeigte, dass es noch mehr braucht, von allen. Noch mehr von allem…"

Jetzt wo ihr zurückblicken könnt: wie verarbeitet ihr diese gewaltige Fülle an Emotionen und Eindrücken. Wie lange wird das dauern?
PS: "Tja, das kann ich Dir noch nicht sagen, war ich doch das erste Mal an olympischen Spielen.
Ich denke aber, dass dies noch lange dauern wird und wohl immer wieder mal hochkommt."

Kehren wir in die Gegenwart zurück. Einige Entscheide stehen bald an. Die U18 hat in Piestany die Mission Wiederaufstieg vor sich. Aus Finnland kommt das Schlagwort U16 und schliesslich ist da immer noch das Projekt WM2011. Ein heisser Frühling also?
RK: „Leider konnte ich diese Saison unsere U 18 nur aus der Ferne beobachten. Das aber mit grossem Interesse. Sie stehen kurz vor ihrem Saisonhighlight. Ich bin überzeugt, dass Nik Schär zusammen mit dem Staff die beste Schweizer Mannschaft dabei hat. Sie werden als Einheit auftreten, diese Round Robin spielen. Abgerechnet wird am Schluss.
U 16, nun wir haben ein U 15 Pilotprojekt wie dies auch andere Nationen bereits führen. Die Finnen wollen nun auf der U 16 Stufe Länderspiele bestreiten. Sie starteten übrigens bereits das Projekt Sotchi 2014. Es geht also was, wir werden sehen wo die Schweiz mitgehen kann und auch mitgehen wird."
MF: „Ja, die WM 2011. Das ist immer noch am köcheln. Aber vor der Herren-WM findet keine Vergabe statt. Ich persönlich hoffe, dass das OK und der Verband diese Bewerbung durchbringen. Es wäre schlicht sensationell, die Olympiarevanche im eigenen Land zu haben. Das Konzept des OK habe ich gesehen und es ist geil (sorry)! Es wäre ein Traum.“

Mit der neuen Saison, seid ihr in der Planung schon weit? Was sind die Eckpunkte?
PS: "Ja wir haben bereits die ersten Eckpfeiler eingeschlagen.
Mitte Juni starten wir mit den Konditests. 3. – 5.September ist in Winterthur Eis gebucht, da sind wir dran Gegner für Länderspiele zu suchen.
Vom 11. – 14.November werden wir dann in Monthey eines unserer Turniere in der Schweiz durchführen mit den teilnehmenden Nationen Deutschland, Slowakei, Tschechien und uns.
Im Februar dann schon traditionsgemäss der Mountain Cup in Romanshorn, wobei das Teilnehmerfeld noch nicht genau feststeht.
Dazwischen werden wir Trainingscamps und einzelne Spiele absolvieren um uns wiederum der kommenden Aufgabe Top Division WM2011 erfolgreich stellen zu können."

Cool. Zum Abschluss mal wieder ein „wünsch dir was“! Was wünscht ihr euch fürs 2010?
PS: "Ich hätte am liebsten einen grossen Sack voll mit Zeit um einerseits alle Ideen umzusetzen, welche in meinem Kopf schwirren und aber auch mal etwas zu geniessen!!"
RK: „Dieser Wunsch ist auf das Fraueneishockey in der Schweiz bezogen denke ich. Den Wunsch, dass die Leistungen aller Beteiligten respektiert werden.“
DH: „Dass allgemein immer mehr Mädchen zum Eishockey finden, um die Zukunft des Schweizer Fraueneishockeys zu sichern. Schön wäre, wenn unsere Nati an diesen Olympischen Spielen für einige Girls der Startschuss zum Eishockeysport waren.“
MF: „Dass wir die WM2011 bekommen, dass die U18 wieder in die Top-Division zurückkehrt und dass die Verantwortlichen der Verbände die Weisheit haben, die richtigen zukunftsorientierten Entscheide zu fällen. Ja, ich weiss, das waren drei (schmunzelt).“

Jungs, kein Problem und noch einmal herzliche Gratulation zu dem 5. Rang und wir sprechen uns schon bald wieder, hoffe ich.